PARIS/TOULOUSE (dpa-AFX) - Der Flugzeugbauer Airbus will sich mit einem Milliardenbetrag die Cybersicherheits- und Datensparte des kriselnden französischen IT-Dienstleisters Atos sichern. Airbus bewerte das Geschäft rund um Big Data und Security (BDS) mit 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro inklusive Schulden, teilte Atos am Mittwoch in Paris mit. Nach eigenen Angaben hat der Konzern zudem ein weiteres nicht-bindendes Gebot erhalten, das sich aber nur auf Teile des BDS-Geschäfts bezieht. Vorrangig verhandeln will Atos daher mit dem Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus. Die Gespräche seien aber noch in einem frühen Stadium, hieß es von Atos. Zuvor hatte die "Financial Times" über ein entsprechendes Angebot berichtet. Airbus bestätigte die Gespräche ebenfalls. Sie stünden im Einklang mit der Absicht des Konzerns, als führendes Luftfahrt-, Rüstungs- und Cybersecurity-Unternehmen zu wachsen und seinen digitalen Umbau zu beschleunigen. Es gebe aber keine Sicherheit, dass ein Deal zustande komme. Die Atos-Aktie sprang im frühen Handel um zwölf Prozent nach oben. Im Handelsverlauf sackte ihr Kurs aber immer weiter ab und lag mit rund fünf Prozent im Minus. Die im Dax notierten Airbus-Papiere gaben zuletzt um rund zwei Prozent nach. Analystin Chloe Lemarie von der US-Investmentbank Jefferies hatte bei frühen Gerüchten um einen entsprechenden Deal für das BDS-Geschäft schon Mitte Dezember eine mögliche Bewertung von 1,5 bis 2,5 Milliarden Euro genannt. Eine Bewertung von bis zu 1,8 Milliarden sei daher aus Sicht der Airbus-Anleger positiv zu werten, schrieb sie nun. Allerdings könne ein Bieterwettlauf den Preis noch in die Höhe treiben. Für Atos sei die genannte Bewertung kein wirklich attraktiver Preis, hieß es darüber hinaus aus dem Handel. Atos sucht wegen Verlusten im angestammten IT-Dienstleistungsgeschäft und wegen hoher Schulden seit geraumer Zeit nach Lösungen. Zunächst war Mitte 2022 eine Aufspaltung in die Sparten Big Data und Cybersicherheit geplant. Schon damals hatte Airbus Interesse an der Cybersicherheit gezeigt, dann aber abgewunken. Mittlerweile steht das traditionelle Atos-IT-Servicegeschäft unter dem Namen Tech Foundations zum Verkauf, für die Sparte Eviden, in der unter anderem das BDS-Geschäft enthalten ist, hatte Atos zuletzt eine Kapitalerhöhung und kleinere Anteilsverkäufe ins Auge gefasst. Die Kapitalerhöhung stieß allerdings auf wenig Gegenliebe bei Investoren und soll nun entsprechend kleiner ausfallen. Auch der geplante Verkauf des Atos-Stammgeschäfts stockt. Das Management will daher mehr Vermögenswerte zu Geld machen als bisher angepeilt, unter anderem womöglich eben das gesamte BDS-Geschäft. Das Cybersicherheitsgeschäft von Atos gilt in Frankreich als sicherheitsrelevant. Unter anderem sorgen Supercomputer des Konzerns für Simulationsberechnungen von Atombombentests, die Frankreich nicht mehr mit realen Kernwaffen ausführt. Die Atos-Aufspaltung ist daher politisch umstritten. Auch deshalb wackelt der im Raum stehende Verkauf von Tech Foundations an die Holdinggesellschaft EPEI des tschechischen Geschäftsmanns Daniel Kretinsky sowie eine Minderheitsbeteiligung von EPEI an der Cybersicherheitssparte. Wichtige große Anteilseigner von Atos sind mit 11 Prozent die IT-Unternehmensberatung Onepoint sowie der deutsche Siemens-Konzern mit knapp 5 Prozent. Siemens hatte 2011 sein eigenes IT-Servicegeschäft an Atos verkauft und in dem Zuge auch Anteile erhalten. Die Atos-Aktionäre erlitten in den vergangenen Jahren einen Verfall des Unternehmenswerts: Lag der Börsenwert des Konzerns 2019 noch teils über 10 Milliarden Euro, ist er mittlerweile auf weniger als 750 Millionen Euro abgesackt./men/stw/mis