VEVEY (dpa-AFX) - Der Lebensmittelkonzern Nestle hat nach einem enttäuschenden Quartal die Jahresziele zusammengestrichen. Der neue Firmenchef Laurent Freixe kappte am Donnerstag die Erwartungen, nachdem das Unternehmen die ersten neun Monate zu schwach gewachsen war. Der Vorstand rechnet jetzt mit einem organischen Wachstum von rund zwei Prozent. Das belastete die Nestle-Aktie aber nur kurz. Der frühere Chef Mark Schneider hatte zuletzt betont, Nestle werde 2024 organisch um "über drei Prozent" zulegen. Mit dem neuen Wachstumsziel liegt Nestle unter den durchschnittlichen Analystenerwartungen. "Die Konsumentennachfrage hat in den letzten Monaten nachgelassen und wir erwarten, dass dieses Umfeld verhalten bleiben wird", sagte Freixe laut Mitteilung. Der Manager hatte im August die Führung nach einer langen Karriere beim Lebensmittelkonzern übernommen. "In Anbetracht dessen und unserer weiteren Maßnahmen zum Abbau von Lagerbeständen bei Kunden im vierten Quartal haben wir unseren Ausblick für das Gesamtjahr aktualisiert", sagte er. Für die Nestle-Aktie ging es am Donnerstagvormittag an der Schweizer Börse zunächst abwärts - sie fiel auf den tiefsten Stand seit Januar 2019. Schließlich drehte sie aber ins Plus und notierte zuletzt zwei Prozent höher bei 85,56 Franken. Mit Kursverlusten von gut 12 Prozent im laufenden Jahr ist Nestle dennoch der zweitschwächste Wert im Schweizer Leitindex SMI . Freixe warnte zudem, dass die operative Marge leiden dürfte, sie soll nur noch bei 17 Prozent liegen. Zuvor hatte Nestle für das laufende Jahr noch eine leichte Verbesserung gegenüber der Vorjahresmarge von 17,3 Prozent vorausgesagt. Der Konzern hatte die Ziele unter seinem früheren Chef in diesem Jahr schon einmal gesenkt. Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy schrieb mit Blick auf die abermals gesenkte Prognose von einem "sehr schmerzhaften Schritt". Er kann sich nicht erklären, weshalb Nestle noch im Juli mit einem organischen Umsatzwachstum von vier Prozent gerechnet hatte. Auch Baader-Analyst Andreas von Arx monierte, dass Nestle weit hinter der Beschleunigung beim Wachstum zurückbleibe, die der ehemalige Chef des Lebensmittelkonzerns versprochen habe. Zugleich will Freixe die Preise nicht allzu stark erhöhen. Im abgeschlossenen dritten Quartal lag das Plus bei 0,6 Prozent. Gleichzeitig nahmen die Verkaufsvolumen um 1,3 Prozent zu. Im ersten Quartal hatte das Management die Preise noch um 3,4 Prozent hochgeschraubt und dafür weniger verkauft. Im zweiten Quartal stiegen die Preise mit 0,6 Prozent moderater an und die Verkaufsmengen nahmen dafür wieder zu. Das Umfeld sei weiterhin herausfordernd, sagte Freixe in einer Telefonkonferenz. Konsumenten würden sich gegenüber globalen Marken "im Zusammenhang mit den geopolitischen Spannungen" zurückhalten. Zudem hätten Kunden ihre Lagerbestände reduziert. In den ersten neun Monaten setzte Nestle insgesamt 67,1 Milliarden Franken (rund 71,4 Mrd Euro) um. Das entspricht einem organischen Wachstum von 2,0 Prozent. Aus Sicht von Jefferies-Analyst David Hayes liegen die Resultate noch unter den zuletzt bereits gesunkenen Erwartungen. Die Marktschätzung für das Ergebnis je Aktie dürfte im laufenden Jahr daher um weitere drei bis vier Prozent sinken. Zu den bestverkauften Produkten zählte unter anderem die Kategorie Kaffee mit Marken wie Nescafé, Starbucks und Nespresso - diese steuerten den größten Beitrag zum Gesamtwachstum bei. Das Tierfutter mit der Marke Purina erzielte ein niedriges einstelliges Wachstum. Süßwaren mit Marken wie Kitkat zogen im mittleren einstelligen Bereich an. Das zuletzt schwächelnde Geschäft mit Gesundheitsprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln, Nestlé Health Science, legte nun wieder im tiefen einstelligen Bereich zu. Einen organischen Umsatzrückgang verzeichnete Nestlé hingegen bei Milchprodukten und im Kulinarikgeschäft, wo Kaffeeweißer und Tiefkühlprodukte gemieden wurden. Mit einem Umbau der Konzernleitung will Freixe nun Nestle wieder zum Erfolg führen. Die 2022 vorgenommene Zonen-Reorganisation wird rückgängig gemacht: Die Zonen Lateinamerika und Nordamerika werden wieder zusammengelegt und Greater China in die Asien-Zone integriert. Zudem kommt es zu einigen Wechseln in der Konzernleitung./tv/tt/ra/AWP/niw/ngu/jha/